Detail 6.4

1 Rotierende Koordinatensysteme: Das freie Wurfproblem

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1 Rotierende Koordinatensysteme: Das freie Wurfproblem

Die Differentialgleichungen für den freien Fall oder Wurf auf der rotierenden Erde lauten (B6.83)

mit (6.4.1)

Dabei entsprechen
       
Tangente an Erde in Südrichtung
Tangente an Erde in Ostrichtung
Vertikale
Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung (uniform)
geographische Breite mit Nordpol,
    Äquator, Südpol.

Die erste und die dritte Differentialgleichung von (6.4.1) können direkt integriert werden (einmal)

(6.4.2)
(6.4.3)

Es treten zwei Integrationskonstanten und auf, eine Überprüfung der Integration ergibt sich durch Differentiation. Diese Resultate sind in die zweite der Gleichungen (6.4.1) einzusetzen. Man erhält eine inhomogene Oszillatorgleichung mit der allgemeinen Lösung

(6.4.4)



Diese Lösung ist ihrerseits in die Differentialgleichungen (6.4.2) und (6.4.3) einzusetzen, die dann noch einmal in direkter Weise integriert werden können.



Zur Verwertung der Anfangsbedingungen zum Zeitpunkt werden die aus den Lösungen gewonnenen Ausdrücke für , benötigt. Bei Vorgabe der Werte für und stellen die 6 Ausdrücke ein lineares Gleichungssystem für die Koeffizienten dar. Lösung dieses Gleichungssystems für einen freien Fall aus der Ruhelage aus der Sicht der rotierenden Erde mit
ergibt die speziellen Lösungen

 
(6.4.5)
 


Da die Beiträge der Terme, die über die einfache Näherung hinausgehen klein sind, kann man genügend genaue Ergebnisse mit einer Entwicklung der trigonometrischen Funktion gewinnen. Bis zur Ordnung erhält man




Zur Berechnung der Fallzeit sind die ersten beiden Terme von ausreichend. Für m ergibt sich s. Für die beiden anderen Koordinatenrichtungen erhält man dann in niedrigster Ordnung

   (Ostabweichung)
   (Südabweichung)

Aus der Sicht der Kraftwirkungen kann man die beiden Abweichungen von der Vertikalen folgendermaßen verstehen. Die anfängliche und im Weiteren dominante Richtung der (beschleunigten) Bewegung ist in Richtung der negativen Vertikalen. Das Vektorprodukt


zeigt in Richtung von . Diese Kraft bewirkt somit die dominante Ostabweichung (Abb. 6.4.1a). Infolge der Ostabweichung wird jedoch auch eine kleine Geschwindigkeitskomponente in der -Richtung aufgebaut. Das entsprechende Vektorprodukt


ist ein Vektor mit einer Komponente in der (Süd)-richtung (Abb. 6.4.1b).


Abbildung 6.4.1: Geometrie zu den Abweichungen / Kräftesituation


Da dies ein sekundärer Effekt ist, ist die resultierende Abweichung von der Vertikalen deutlich geringer.

Die Variation mit der geographischen Breite ist in der Tabelle angedeutet

    Nordhalbkugel         
               
   0  1.5  1.8  1.6  0  cm
   0  1.1  1.6  1.9  2.2  cm

Die Ostabweichung ist Null an den Polen und maximal am Äquator, die (nicht messbare) Südabweichung ist maximal für eine Breite von . Der Südabweichung auf der nördlichen Halbkugel ( ) entspricht einer Nordabweichung auf der südlichen Halbkugel () .

In den Abbildungen 6.4.2 und 6.4.3 ist die Variation der Abweichung mit der Fallhöhe, bzw. mit der geographischen Breite dargestellt.

Abbildung 6.4.2: Die Variation der Abweichungen mit der Fallstrecke für Nord


Abbildung 6.4.3: Variation der Südabweichung (links) und der Ostabweichung (rechts) mit der geographischen Breite (in cm)

Die weiteren Abbildungen zeigen die
- Variation der Richtung der dominanten Geschwindigkeit mit dem Breitengrad für 90 45 0 -60   Grad.
- Ostabweichung, die von dem Wert Null am Nordpol zu einem Maximalwert am Äquator wächst. Zwischenwerte werden für die Breitengrade von 45 ,  und -60   Grad gezeigt.
- (nicht messbare) Südabweichung, die maximal für den Breitengrad von 45 Grad ist.  Das Vorzeichen der Südabweichung wechselt am Äquator . Auf der südlichen Halbkugel liegt eine Nordabweichung ( z.B. -60 Grad) vor.


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<Mechanik   Details >  R. Dreizler C. Lüdde     2008