5.2.1 Gradient, Divergenz und Rotation

Diese Begriffe werden in diesem Abschnitt durch eine ad hoc Definition für den Fall eingeführt. Erweiterungen auf den Fall von höheren Dimensionen sind möglich (und in der theoretischen Physik von Nutzen). Sie werden, ebenso wie die Frage der Veranschaulichung, erst in den Abschnitten von Math.Kap. 5.3 angesprochen.

Der Begriff des Gradienten wurde schon in Math.Kap. 4.2.3 eingeführt. Mit der Bildung des Gradienten ordnet man einer vorgegebenen Skalarfunktion eine Vektorfunktion zu


Die Komponenten der Vektorfunktion sind die partiellen Ableitungen der Skalarfunktion. Die anschauliche Interpretation ist, wie schon diskutiert: Der Vektor steht in jedem Punkt einer Fläche const. senkrecht auf der Tangentialebene an die Fläche (Abb. 5.2).

Abbildung 5.2: Illustration des Gradientenvektors einer Funktion const.

Die Divergenz eines Vektorfeldes ist definiert durch


Diese Operation ordnet also einem Vektorfeld eine skalare Funktion zu.


Die Rotation eines Vektorfeldes ist durch die folgende Angabe definiert



Mit der Bildung der Rotation eines Vektorfeldes ordnet man der Vektorfunktion eine Vektorfunktion zu


Eine Bezeichnung, die oft in der angelsächsischen Literatur benutzt wird, ist anstelle von .

Die Reihenfolge der Indizes in der Definition merkt man sich am einfachsten anhand der symbolischen Determinantenform


`Auswertung` dieser `Determinante` ergibt die explizite Definition. Für formale Betrachtungen benutzt man die Summenschreibweise mit dem Levi-Civita Symbol


Eine gewisse Analogie ist nicht übersehbar. Die Bildung der Divergenz entspricht einem Skalarprodukt, die Bildung der Rotation einem Vektorprodukt. Man kann diese Analogie formal zum Ausdruck bringen, indem man den schon bekannten Differentialoperator (mit Vektorcharakter)


den Nablaoperator, benutzt. Mit Hilfe dieses Operators schreibt man Die Nablaschreibweise lässt sich zu einem regelrechten Nablakalkül ausbauen. Die wichtigsten dieser Rechenregeln sind[*]:
(1)
Es gibt einen Satz von Regeln für die Anwendung des Nablaoperators auf Produkte von Funktionen, wie z.B.
(a)


oder in semiverbaler Form



(b)


oder


Den Beweis dieser Regeln führt man, indem man die Ausdrücke explizit ausschreibt und die Regeln für die partielle Differentiation benutzt.
(2)
Ein weiterer Satz von Regeln betrifft die Mehrfachanwendung des Nablaoperators, so z.B.
(a)
Der Laplaceoperator, der schon in Math.Kap. 4.2.3 eingeführt wurde, lässt sich in der Form schreiben


Anwendung des inneren Nablaoperators liefert zunächst die Vektorfunktion , die dann bei der Divergenzbildung in eine andere Skalarfunktion übergeht. Im Detail kann man schreiben



so dass im Endeffekt der Operator


auf die Skalarfunktion einwirkt.
(b)
Die Kombination ergibt einen Nullvektor für jede zweimal differenzierbare Skalarfunktion


(c)
Ebenso hat die Kombination für jede zweimal differenzierbare Vektorfunktion den Zahlenwert Null


Eine anschauliche Deutung der Begriffe Divergenz und Rotation einer Vektorfunktion gewinnt man über die Umkehroperation, die Integration von Vektorfunktionen. Die Veranschaulichung dieser Begriffe sollte man also zurückstellen bis das Thema Integration von Vektorfunktionen abgehandelt ist.


< Mechanik     Mathematische Ergänzungen >       R. Dreizler   C. Lüdde     2008