6.3.1 Lösbare implizite Differentialgleichungen
Bei den Differentialgleichungen
tritt im ersten Fall die abhängige Variable
, im zweiten
Fall die unabhängige Variable in der Differentialgleichung
nicht auf. Die Implementierung des Zweischrittlösungsschemas für
die Differentialgleichung
sieht folgendermaßen
aus:
- Schritt 1: Mit der Substitution
gewinnt man
eine Differentialgleichung erster Ordnung
Die Lösung ist eine einparametrige Kurvenschar
.
- Schritt 2: Das Ergebnis des ersten Schrittes stellt eine zweite
Differentialgleichung erster Ordnung dar
Deren Lösung
ist dann die allgemeine Lösung der vorgegebenen
Differentialgleichung.
In der Ausführung dieser Schritte können sich jedoch durchaus
Schwierigkeiten ergeben, wie das folgende, etwas aufwendigere Beispiel
zeigt. Für die Differentialgleichung
erhält man nach der Substitution im ersten Schritt die Differentialgleichung
Diese Differentialgleichung ist exakt,denn es ist
Die allgemeine Lösung, die man mittels Kurvenintegration gewinnen kann,
lautet
Liegt das Ergebnis des ersten Schrittes in impliziter Form vor (und
dies ist der Normalfall), so bieten sich für den zweiten Schritt die
folgenden Optionen an.
Bei der ersten Option setzt man voraus, dass das Ergebnis des ersten Schrittes
in der Form
aufgelöst werden kann. Zur Gewinnung des
Endergebnisses ist dann nur eine direkte Integration notwendig. In
dem gegenwärtigen Beispiel ist dies möglich. Die Auflösung ergibt
Die Durchführung der zweiten Integration (auch dies ist der
Normalfall) ist keineswegs trivial. Mit Mühe oder einer Integraltafel
erhält man
Das Ergebnis ist eine durchaus komplizierte, zweiästige Kurve.
Es ist oft einfacher, das Ergebnis des ersten Schrittes in der Form
aufzulösen. Man erhält eine zweite Differentialgleichung erster
Ordnung, indem man die Aussagen
zu
kombiniert. Integration ergibt
bzw. nach Umschreibung mittels partieller Integration
Die gesuchte Lösung liegt somit bei dieser Option in der Form einer Parameterdarstellung
vor. Der Bereich der Parameters
ergibt sich aus der Struktur der
Funktionen
und
.
Für das gegenwärtige Beispiel findet man bei Auflösung nach
so dass man für die Funktion
das Resultat
Elimination des Parameters
führt bei Umbenennung der Integrationsvariablen
nach einigen Rechenschritten auf
das oben angegebene Ergebnis
zurück.
Ein entsprechendes Lösungsschema greift bei der Differentialgleichung
. Die Substitutionen
führen auf eine Differentialgleichung erster Ordnung
.
Die Lösung ist im Allgemeinen eine implizite Funktion
. In
dem zweiten Schritt muss man das Endergebnis
durch
Lösung der Differentialgleichung
gewinnen. Ein einschlägiges Beispiel ist
die Differentialgleichung
Die angedeutete Substitution führt auf
Die Lösung dieser separablen Differentialgleichung ist
, so dass in dem zweiten
Schritt die Differentialgleichung
zur Diskussion steht. Deren Lösung und damit die allgemeine
Lösung der vorgelegten Differentialgleichung zweiter Ordnung ist
Diese Beispiele unterstreichen noch einmal die Tatsache, dass die
Betrachtung von Differentialgleichungen erster Ordnung keine
müßige Angelegenheit ist. Dem vorgestellten Aufbauprinzip
entprechend, benötigt man die Lösungen dieser Differentialgleichungen
für die Diskussion von Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Das besprochene
Zweischrittverfahren findet noch bei einigen weiteren Klassen von
impliziten Differentialgleichungen zweiter Ordnung Anwendung
.
Die wichtigste Klasse von Differentialgleichungen zweiter Ordnung in der theoretischen
Physik sind jedoch die linearen Differentialgleichungen.
< Mechanik Mathematische Ergänzungen > R. Dreizler C. Lüdde 2008