Eine Ausnahme, die der Diskussion bedarf, ist die Kettenregel. Infolge der erhöhten Anzahl von Variablen kann die Kettenregel im Fall von Funktionen mit mehreren Veränderlichen einigermaßen komplizierte Formen annehmen. Auf der anderen Seite bietet die größere Auswahl eine Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten.
Ein Beispiel soll die Thematik einführen.
Hat man neben einer Funktion
die zusätzliche Aussage
,
und setzt man die Funktionen zusammen, so ergibt sich
eine Funktion der Variablen
Möchte man die gewöhnliche Ableitung
(die Tangente an die Raumkurve) durch die partiellen
Ableitungen von
und die gewöhnlichen Ableitungen von
und
ausdrücken, so benötigt man die Kettenregel. Deren Herleitung sieht
für den vorliegenden Fall folgendermaßen aus:

Die allgemeine Aufgabenstellung lautet:
Gegeben ist
sowie für jede Variable
. Berechne die Ableitungen der
zusammengesetzten Funktion
.
Die Herleitung der entsprechenden Formeln basiert
, wie in dem einführenden Beispiel, auf der
Zusammensetzung von totalen Differentialen.
Die Ergebnisse bis zur zweiten Ableitung, vorausgesetzt alle auftretenden
Ableitungen existieren und sind stetig, lauten

Von den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Kettenregel soll
nur ein Beispiel vorgestellt werden, das in der Physik besonders wichtig ist:
Die Umrechnung des Laplaceoperators und des Gradientenoperators in
krummlinige Koordinaten.
Schon in der zweidimensionalen Welt erfordert die direkte Antwort einige Schreibarbeit, deswegen werden die expliziten Ausführungen auf diesen Fall beschränkt bleiben. Für eine Funktion von zwei Variablen sind die folgenden Größen von Interesse




Die Rechnung für den Laplaceoperator ist ein wenig länglicher. Der Ausgangspunkt ist die Kettenregel


Die Gewinnung entsprechender Formeln für die Umrechnung der zwei Differentialoperatoren von dreidimensionalen kartesischen Koordinaten in Zylinderkoordinaten enthält keine wesentlich neuen Elemente. Die entsprechenden Rechnungen für dreidimensionale kartesischen Koordinaten in Kugelkoordinaten (oder andere krummlinige Koordinaten) sind unter Umständen einigermaßen aufwendig (Ein allgemeiner Zugang wird in Band 2, Math. Kap. 5 erläutert). Diese Formeln werden jedoch in der Physik oft benötigt. Für Kugelkoordinaten ist der Gradientenoperator
Jeder theoretische Physiker sollte, nach dem angedeuteten Muster, wenigstens
die entsprechenden Rechnungen für Kugelkoordinaten durchgeführt haben
.
Eine abschließende Bemerkung ist vielleicht noch nützlich, um einem häufigen
Missverständnis vorzubeugen. Für die Funktion