1.3.3.1 Konvergenzkriterien für Zahlenreihen.

Der Ausgangspunkt für die Diskussion von Konvergenzkriterien für Zahlenreihen, ist das Majorantenkriterium. Dieses entspricht der Umkehrung der Argumentation, die soeben zur Diskussion der harmonischen Reihe eingesetzt wurde. Das Kriterium lautet



Der formale Beweis, der hier nicht ausgeführt wird , ergibt sich, wenn man die allgemeinen Konvergenzkriterien für Folgen auf die Betrachtung der Folge von Partialsummen überträgt.

Die komplementäre Aussage, die zuvor benutzt wurde, lautet



Betonen sollte man noch die Bedingung für alle n N: Eine beliebige, aber endliche Anzahl von Termen der Reihe darf größer (im ersten Fall) bzw. kleiner (im zweiten Fall) sein als die entsprechenden Terme der Vergleichsreihe.

Es ist nun möglich, für jede vorgegebene Reihe eine geeignete Vergleichsreihe zu suchen, deren Konvergenz/Divergenz bekannt ist. Ökonomischer ist es jedoch, zum Vergleich einige Standardreihen heranzuziehen, mit deren Hilfe man handlichere Kriterien gewinnen kann. Eine geeignete Vergleichsreihe ist die geometrische Reihe


da man für diese Reihe einen expliziten Ausdruck für die Partialsummen angeben kann. Diesen Ausdruck gewinnt man wie folgt. Es ist


Subtraktion ergibt


oder


Für ist die Reihe divergent, für folgt jedoch


Durch Vergleich mit der geometrischen Reihe erhält man das (für die weitere Diskussion nützliche) Wurzelkriterium. Es lautet



Der Beweis des Kriteriums wird folgendermaßen geführt: Man schreibt die Bedingung des Theorems in der Form


Die Partialsumme


kann durch die Beträge majorisiert werden


Man benutzt dann die Voraussetzung des Theorems zur weiteren Majorisierung


und fasst den Zusatzterm zusammen


Im Grenzfall folgt dann, falls ist


Dieser Ausdruck ist endlich.

Auch in diesem Fall lautet der Kommentar: Wieder ist nur verlangt, dass alle Terme mit ( eine endliche Zahl) die Bedingung erfüllen. Voraussetzung ist natürlich auch, dass alle Terme mit endlich sind.

In ähnlicher Weise kann man das verwandte Quotientenkriterium beweisen. Die Formulierung ist analog, nur ist die Bedingung durch



zu ersetzen.

Die komplementäre Aussage zu dem Majorantenkriterium erlaubt es, entsprechende Kriterien für Divergenz anzugeben



Die Anwendung dieser Kriterien führt jedoch nicht immer zum Ziel. Sie sind unter Umständen nicht `fein` genug.

Für den Fall der Reihe für die Zahl findet man mit dem Quotientenkriterium


Die Reihe konvergiert also. Insbesondere gilt auch


Im Fall der harmonischen Reihe (ob alternierend oder nicht) ergibt das Kriterium


Dies ist kleiner als 1 für endlich, im Grenzfall gilt jedoch


Es liegt genau der in den Kriterien ausgeschlossene Fall, dass der Quotient weder kleiner noch größer als 1 ist, vor. Mit dem Quotientenkriterium kann man also nicht schließen, ob die Reihe konvergent (wie die alternierende) oder divergent (wie die direkte harmonische Reihe) ist.

Die Kriterien ergeben somit notwendige Bedingungen für Konvergenz oder Divergenz. Sie stellen jedoch keine hinreichende Bedingung dar. Zu bemerken ist noch:

1.
Es existieren Varianten und Verfeinerungen der Konvergenzkriterien, für die jedoch auf die Mathematikvorlesungen verwiesen werden muss.
2.
Die Konvergenzkriterien stellen kein Mittel zur Berechnung der Summenwerte dar. Dies ist unter Umständen nach wie vor harte Arbeit. Die Kriterien ergeben jedoch einen Hinweis, ob sich die Mühe lohnt.


< Mechanik     Mathematische Ergänzungen >       R. Dreizler   C. Lüdde     2008