3.2.4 Determinanten
Einen pragmatischen Zugang zu diesem Konzept gewinnt man über die Betrachtung von
linearen Gleichungssystemen. Ein lineares Gleichungssystem in zwei
Unbekannten
mit der expliziten Form
besitzt die Lösung
Die Frage nach der Existenz einer Lösung lässt sich dann einfach
beantworten. Der gemeinsame Nenner in den Lösungsformeln muss von Null
verschieden sein. Man bezeichnet den Nenner als die Determinante der
Matrix
und schreibt
Die ersten drei Ausdrücke entsprechen Varianten der Nomenklatur, der
letzte ist die eigentliche Definition. Mit der Bildung einer
Determinante ordnet man einer quadratischen Matrix eine Zahl zu.
Die Nützlichkeit dieses Konzeptes kann man schon anhand der einfachsten Situation,
der
Determinante illustrieren:
Vor der Diskussion von Determinanten von quadratischen
Matrizen
ist es nützlich, die
Determinanten aus etwas anderer Sicht
zu betrachten. Zu diesem Zweck interpretiert man die Spalten (für Zeilen gilt
Entsprechendes) der Determinante als Vektoren
ergänzt die Vektoren
zu Vektoren im
(sie liegen in der
-
Ebene) und berechnet deren Vektorprodukt
Die dritte Komponente des Vektorproduktes ist identisch mit der
Determinante. Man kann somit feststellen: Das Produkt ist ein Nullvektor
(die Determinante hat den Wert Null), falls einer der Vektoren
ein Nullvektor ist oder wenn beide Vektoren in einer Geraden
liegen. Beide Möglichkeiten kann man mit dem Begriff der linearen
Abhängigkeit unter einen Hut bringen:
Man kann sich sofort davon überzeugen, dass das Vektorprodukt genau
dann verschwindet, wenn die Vektoren
linear
abhängig sind. Die entsprechende Aussage für die
Determinante lautet dann:
Als kleinen Zusatz kann man noch einmal die Determinanten der
Transformationsmatrizen für Drehungen und Spiegelungen betrachten. Die
Spaltenvektoren sind orthogonal und auf
normiert. Die Aussagen
betonen das unterschiedliche Vorzeichen.
Die Frage nach der Definition von Determinanten von höherdimensionalen,
quadratischen Matrizen kann man entweder über die Betrachtung von
entsprechend dimensionierten linearen Gleichungssystemen oder über die
Diskussion der Linearitätseigenschaften beantworten. Der pragmatische
Zugang ist im Endeffekt sehr mühselig, liefert aber brauchbare Hinweise.
Betrachtet man, in Fortsetzung der anfänglichen Diskussion, ein System von
drei linearen Gleichungen in drei Unbekannten
mit der expliziten Form
so findet man nach einer elementaren aber nicht gerade kurzen Rechnung
die Lösungsformel (Cramers Regel)
falls man die Dreierdeterminante folgendermaßen definiert
Die Reihenfolge der Indizes entspricht der Regel: Die ersten Indizes in jedem
Produkt haben die natürliche Reihenfolge
. Bei den positiven
Beiträgen entsprechen die zweiten Indizes einer geraden Permutation,
bei den negativen Beiträgen einer ungeraden Permutation der Zahlen
.
Eine mechanischere Merkregel ist die Regel von Sarrus, in der
die ersten zwei Spalten der Determinante auf der rechten Seite
wiederholt werden. Die positiven Beiträge entsprechen dann den
Produkten aus diagonal von links nach rechts stehenden Elementen
die negativen Beiträge den diagonal von rechts nach links laufenden
Elementen
Es folgt ein explizites Beispiel zum Nachrechnen:
Löst man nun ein Gleichungssystem in vier Unbekannten, so findet man
nach einer noch mühseligeren Rechnung eine mögliche Zusammenfassung
in einer Cramerschen Regel mit Viererdeterminanten
Durch Vergleich solcher Ergebnisse kann man feststellen, dass die Anzahl
der Terme wie
(der Anzahl von Permutationen von
Ziffern) wächst.
Man kann auch anhand dieser Resultate eine
allgemeine Formel finden, deren Gültigkeit dann durch vollständige
Induktion zu beweisen ist. Diese Formel lautet
Summiert wird über alle
Permutationen
Das Vorzeichen ist positiv für gerade Permutationen, negativ für ungerade.
Diese Formel ist nicht unbedingt nützlich für die Berechnung des Wertes
einer Determinante. Für die in der Praxis nicht ungewöhnliche
Aufgabe, den Wert einer Determinante einer
Matrix zu
berechnen, wären
Zehnfachprodukte zu bilden und zu addieren bzw. zu
subtrahieren. Eine zweckmäßigere Methode ist das Eliminationsverfahren,
das bei der Lösung größerer linearer Gleichungssysteme zum Einsatz kommt.
Ein Gleichungssystem der Form
kann durch geeignete Linearkombinationen von Paaren von Gleichungen in eine
Dreiecksgestalt gebracht werden
aus der man das Resultat
ablesen kann.
Für die Begründung des Eliminationsverfahrens als auch für die
Gewinnung weiterer Rechenregeln mit Determinanten greift man auf eine
alternative Definition des Determinantenkonzeptes zurück. Diese Definition
stellt eine Verallgemeinerung der einfachen Überlegungen anhand von
Determinanten dar. Diese Verallgemeinerung umfasst die folgenden Punkte.
Man interpretiert die Spalten (oder Zeilen) einer quadratischen
Matrix als Vektoren in einem
Die Determinante dieser Matrix wird durch Forderung der folgenden
Eigenschaften definiert
- 1.
- Ist eine Spalte der Determinante die Summe zweier Vektoren,
so hat sie den gleichen Wert wie die Summe der Determinanten, die mit
den einzelnen Vektoren gebildet werden
Im Fall
entspricht diese Forderung dem Distributivgesetz des
Vektorproduktes.
- 2.
- Wird ein Spaltenvektor mit einer Zahl
multipliziert,
so hat die Determinante den Wert
mal die ursprüngliche Determinante
Für
entspricht dies dem Assoziativgesetz für die
Multiplikation eines Vektorproduktes mit einer Zahl.
Die Forderungen 1. und 2. definieren die
Linearitätseigenschaften der Determinanten. Da diese Eigenschaften
für jeden Spaltenvektor gelten, bezeichnet man die Determinante auch als
eine Multilinearform. Die beiden Forderungen legen den Wert der
Determinante noch nicht (eindeutig) fest. Dazu benötigt man noch
- 3.
- Die Determinante hat den Wert Null, falls die
Spaltenvektoren linear abhängig sind:
falls die Vektorgleichung
mit wenigstens einem
erfüllt werden kann. Dabei gibt
es die Möglichkeiten, dass wenigstens einer der (Spalten)vektoren
ein Nullvektor ist oder dass einer der Vektoren als Summe einer
Untermenge der anderen Vektoren dargestellt werden kann
.
- 4.
- Die Determinante, die mit den Basisvektoren des
gebildet wird, hat den Wert
Auf der Basis der Forderungen
bis
kann man die folgenden
Aussagen beweisen
- Der Wert einer Multilinearform, die diese Forderungen erfüllt, ist mit
dem Wert der pragmatischen Summenformel identisch.
- Man kann einen Satz von Rechenregeln
für Determinanten gewinnen, die z.B.
die Äquivalenz der Spalten- und Zeilenbetrachtung
oder das Verhalten beim Vertauschen von zwei Spalten ausdrücken
Von Interesse sind auch die Entwicklungssätze (die Enwicklung einer
Determinante nach Elementen einer Spalte (Zeile) oder nach
Unterdeterminanten, die hier nicht ausgeführt werden.
- Die Begründung des Eliminationsverfahrens basiert auf den
Eigenschaften der Multilinearform. Bildet man die Linearkombination von
zwei Zeilen, so folgt z.B.
Solche Zeilenmanipulationen verändern den Wert der Determinante nicht.
Weiterhin spielen Determinanten eine besondere Rolle bei der Diskussion des
algebraischen Eigenwertproblems.
Dieses Problem kann, in geometrischer Sicht,
folgendermaßen formuliert werden.
Vorgegeben ist eine reguläre Transformation im
(eine kurze Bemerkung
zu dem
folgt), die durch eine
Matrix
dargestellt
wird. Die Frage lautet: Gibt es Vektoren
, die bis auf einen Faktor
bei dieser Tranformation in sich übergehen? Eine alternative
Formulierung dieser Frage ist: Kann man aus der Gleichung
die Größe oder Größen
und die Komponenten des Vektors
oder der Vektoren
bestimmen?
Man benötigt zur Beantwortung dieser Frage zwei Aussagen über die Lösungen
von linearen Gleichungssystemen.
- Setzt man voraus, dass die Cramersche Regel für ein inhomogenes System
von
Gleichungen mit
Unbekannten
gültig
ist, so ist die Aussage
fast trivial.
- Das homogene Gleichungssystem
hat auf der anderen
Seite nur die triviale Lösung
falls die Determinante der Matrix
nicht verschwindet, da in diesem Fall in allen Zählerdeterminanten
einer der Spaltenvektoren ein Nullvektor ist. Verschwindet die Determinante hingegen,
so liefert die Cramersche Regel keine wohldefinierte Lösung. Es gilt also
die Aussage:
Das Verschwinden der Determinante bedeutet, dass eine lineare Abhängigkeit
zwischen den Zeilen- (oder Spalten-) Vektoren der Matrix
besteht,
in anderen Worten, dass eine (oder mehrere) der Gleichungen des Systems
Linearkombinationen der anderen Gleichungen sind. Kann nur eine der Gleichungen
als Linearkombination der anderen dargestellt werden, so liegt eine einparametrige
Lösung des Systems vor. Man kann eine der Unbekannten (beliebig) vorgeben und
sozusagen ein lineares Gleichungssystem der Dimension
betrachten
dessen Determinante
dann nicht verschwindet.
Interpretiert man die obige Transformationsgleichung als ein homogenes, lineares
Gleichungssystem (mit der Einheitsmatrix
)
so ist es für die Existenz einer nichttrivialen Lösung erforderlich, dass
ist. Für die Situation im
, die zunächst ins Auge gefasst wurde,
ergibt die Auswertung der Determinante eine kubische Gleichung für die Faktoren
.
Schreibt man die Koeffizienten dieser Gleichung aus und betrachtet die Bedingung
für das Auftreten von reellen Lösungen, so findet man, dass reelle Lösungen
für
vorliegen, wenn die Matrix
symmetrisch ist.
Für jede der drei reellen Lösungen (Eigenwerte) erhält man ein
lineares Gleichungssystem
dessen nichttriviale Lösung (Eigenvektor)
im Normalfall durch
die Bedingung (Normierungsbedingung)
fixiert wird.
Entsprechende Aussagen gelten im
. Es liegt dann eine Gleichung
-ten Grades für die Eigenwerte vor, die Eigenvektoren besitzen
Komponenten
und in der Normierungsbedingung läuft die Summe bis
. Weitere Information
zu dem algebraischen Eigenwertproblem wird im Zusammenhang mit der Matrixformulierung
der Quantenmechanik (Band 3) gegeben.
Zum Schluss dieses Abschnittes sollen noch einmal die Fälle, in denen
das Determinantenkonzept im Vorgriff erwähnt wurde, zusammengestellt
werden.
- Die
Wronskideterminante (Math.Kap. 2.2.2)
- Das Spatprodukt (Math.Kap. 3.1.2)
- Die Merkregel für das Vektorprodukt (Math.Kap. 3.1.2)
ist keine eigentliche Determinante. Sie wird jedoch, im Zusammenhang mit der
Regel von Sarrus oder einer anderen Auswertungsvorschrift angewandt, obschon
in der ersten Zeile Vektoren und keine Zahlen stehen.
< Mechanik Mathematische Ergänzungen > R. Dreizler C. Lüdde 2008