1.2.3 Konvergenz von Folgen

Die formale Definition hört sich folgendermaßen an:



Trotz der etwas formalen Ausdruckweise ist dieses Konvergenzkriterium eine rechentechnische Vorschrift, mit der man die Konvergenz einer Folge logisch einwandfrei überprüfen kann. Die Anschauung, die man damit verknüpfen könnte, ist die folgende: Betrachte eine naive, explizite Darstellung einer (konvergenten) Folge auf dem Zahlenstrahl. Die Forderung des Kriteriums lautet: Wenn man ein beliebiges Intervall der Größe um den Grenzwert vorgibt, (die Zielsetzung ist ein beliebig kleines Intervall), so dass der Term in dem Intervall liegt, so muss man nachweisen können, dass alle Terme der Folge mit auch in diesem Intervall liegen. Dies bedeutet: Man muss eine Rechenvorschrift finden, die es erlaubt, aus der Vorgabe von das zu bestimmen, für das dies der Fall ist.


Abbildung 1.5: Zur Konvergenz von Zahlenfolgen

Um die Anwendung des Kriteriums zu erläutern, kann man das folgende explizite Beispiel, eine Folge mit dem Bildungsgesetz


betrachten. Es ist


Dies legt die Vermutung nahe, dass der Grenzwert der Folge 1 ist. Die Anwendung des Kriteriums beinhaltet die Schritte:
1.
Betrachte die Konvergenzbedingung, in der der vermutete Grenzwert eingesetzt ist


2.
Aus der Forderung folgt .
3.
Man kann beide Aussagen unter einen Hut bringen, wenn man


wählt. Diese Ungleichung ist die gesuchte Rechenvorschrift. Ganz konkret: Gibt man z.B. vor, so ist gemäß der obigen Ungleichung eine mögliche Wahl und es ist sichergestellt, dass alle Terme der Folge ab innerhalb des gewählten Intervalles liegen. Eine entsprechende Aussage gilt für oder was immer man wählt.

Eine Warnung soll noch einmal ausgesprochen werden: Für eingefleischte Praktiker mag es genügen, die Terme mit zu berechnen und den Grenzwert abzuschätzen. Logisch einwandfrei ist jedoch ein solches Verfahren nicht. Man muss die Abschätzung in eine explizite Vorschrift der Form umsetzen können.

Über Konvergenz und insbesondere über Varianten von Konvergenzkriterien ließe sich noch einiges sagen (so kann man z.B. Kriterien formulieren, die es erlauben, die Konvergenz einer Folge nachzuweisen, ohne dass man den Grenzwert kennt oder vermutet), doch soll auf der Basis der Definition des Grenzwertes einer Folge zielstrebig das Konzept des Grenzwertes einer Funktion erläutert werden.


< Mechanik     Mathematische Ergänzungen >       R. Dreizler   C. Lüdde     2008